„Eine Zumutung für die Anwohner, schau dir mal Wettstetten an!“ Diesen Tipp habe ich von einer Kollegin erhalten, nachdem wir zufällig auf das Thema „Limes Center“ zu sprechen kamen und ich ihr erzählte, was momentan bei uns in Denkendorf so los wäre. Sie schüttelte nur mit dem Kopf und sagte mir, ich solle mir das neue und das alte Fachmarktzentrum an ihrem Wohnort mal ansehen.
Auf diesen Hinweis hin, machte ich nach der Arbeit einen kleinen Schwenker nach Wettstetten. Zuerst fuhr ich in den Kurt-Schuhmacher-Ring zum vorherigen Edeka-Zentrum das dauerhaft wegen der Neuansiedlung am Ziegelberg schließen musste. Der Grund: „Vermutlich die fehlende Kaufkraft aufgrund der „besseren“ Lage des neuen Fachmarktzentrums“ erzählen mir Anwohner später. Diese finden das sehr schade, da sie den alten EDEKA gerne behalten hätten. Jetzt haben sie zwar einen Aldi und einen Netto, aber keinen EDEKA mehr in der Ortschaft und müssen trotzdem irgendwo anders hinfahren um ihre Besorgungen zu machen.
Der Zustand des alten EDEKA: baufällig. Eingeworfene Fenster und durch Bauzäune unzugänglich gemacht, unter anderem, um niemanden zu gefährden. Ein erschreckendes und unbehagliches Bild, kommt man als Besucher in diese Ortschaft. Wenn man sich die Lage dieses ehemaligen Fachmarktzentrums ansieht, stellt man fest, dass dieses am Ortseingang in einem Gewerbegebiet gelegen war, fernab der Wohnbebauung, ähnlich wie bei uns in Denkendorf. Eigentlich optimal gelegen, fragt man die Einwohner von Wettstetten.
Anschließend besuchte ich das Fachmarktzentrum am Ziegelberg. Dieses liegt direkt an einer viel befahrenen Straße, die an einer Wohnsiedlung vorbeiführt. Steigt man auf dem Parkplatz aus, stellt man sofort einen erhöhten Lärmpegel aufgrund der vorbeifahrenden Fahrzeuge fest. Das Fachmarktzentrum kommt zunächst sehr modern daher. „Leider gibt es nur einen Aldi und einen Netto bei uns. Früher habe ich oft bei EDEKA eingekauft. Das war schon eine große Umstellung für mich, weil ich gerne bestimmte Sachen eingekauft habe. Diese bekomme ich einfach nicht bei Aldi oder Netto. Jetzt muss ich immer nach Etting zum REWE fahren um diese einkaufen zu können“, erzählt mir eine Frau, die ich auf dem Parkplatz angesprochen habe. Sie klingt eher enttäuscht.
Da das Fachmarktzentrum direkt an eine Wohnsiedlung grenzt, mache ich mich auf den Weg, um die Bewohner zu befragen. Wie der Zufall will, treffe ich auf eine ältere Dame, die gerade ihre Einkäufe über die Straße zu ihrem Haus trägt. „Das ist aber auch der einzige Vorteil an dem Ganzen – ich kann zu Fuß ein paar Kleinigkeiten holen. Das hilft nur leider den Leuten, die in der Ortschaft wohnen, überhaupt nichts. Die müssen trotzdem mit dem Auto fahren. Ich übrigens auch, wenn ich Getränke oder so holen will. Von dem ganzen Lärm will ich gar nicht erst anfangen. Wiedersehen.“ Die Dame erschien mir sehr aufgewühlt. Deshalb klingelte ich an der einen oder anderen Haustüre, um andere Anwohner zu befragen.
Diese waren sehr freundlich mir gegenüber und erklärten mir, dass sie erst als alles „unter Dach und Fach“ war zu einem Gespräch mit dem Investor und der Gemeinde gebeten wurden, also als es schon zu spät war, etwas dagegen zu unternehmen. „Wir haben überhaupt nichts mitbekommen von diesem Vorhaben. Erst als es schon zu spät war, wurde uns Anwohnern erklärt, was da hinkommt. Hätten wir gewusst, was das für Folgen für uns hat, hätten wir mehr Gegenwehr geleistet. Die von uns vorgetragenen Bedenken wurden vom Investor runtergespielt und alles schön geredet.“ Kommt mir bekannt vor, dachte ich mir. „Im Sommer in meinem Garten sitzen kann ich nicht mehr unbedingt. Der Lärm durch den Verkehr, das Zuschlagen von Autotüren oder von den schweren Eisentüren der Gebäude, die Anlieferungen nachts… Das ist schon alles sehr laut. Wir haben jetzt auf eigene Kosten dreifach verglaste Fenster einbauen lassen. Aber das hilft uns nur leider im Sommer auch nichts, wenn wir nachts mit offenem Fenster schlafen wollen. Das ist schon eine Zumutung für uns Anwohner. Wir kommen uns da schon etwas verarscht vor.“
Ich erklärte anschließend, wie das „Limes Center“ bei uns geplant sei. Die Verständnislosigkeit und Wut über diesen „Schwachsinn“ (wie sie es nannten) stand den Anwohnern des FMZ Wettstetten ins Gesicht geschrieben. Die Antwort hierauf: „Ich kenne Denkendorf ganz gut. Ich war auch schon öfter bei euch beim Einkaufen. Das was die da planen macht überhaupt keinen Sinn. So nah an der Autobahn mit einem dritten Kreisverkehr. Da ist das Verkehrschaos vorprogrammiert. Und euer schönes Fachmarktzentrum, das ihr schon habt, könnt ihr dann auch eingraben. Das könnte man bestimmt noch erweitern wenn man das möchte. Stattdessen bauen die eins direkt hinter eure Wohnhäuser. Schau dir unsere Situation hier an Mädchen: Wenn ihr das nicht haben wollt, kann ich euch nur raten: Setzt euch zur Wehr!“
Mit den Worten verabschiedeten sie sich von mir. Auf dem Nachhauseweg fuhr ich noch zum Einkaufen in Denkendorf „An der Römersäule“ vorbei. Die Worte der Wettstettener immer noch im Kopf, dachte ich immer wieder: Wettstetten ist das Paradebeispiel für das, was das „Limes Center“ auch bei uns verursacht: Das hier soll alles dicht gemacht werden, um auf einem winzigen Acker was Neues zu bauen?
Julia Hauke
Verwahrlostes Fachmarktzentrum in Wettstetten:
Neues Fachmarktzentrum am Ziegelberg:
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